Eine S-Bahn-Erfahrung
Vor ein paar Tagen fuhr ich vormittags zur Hauptpendlerzeit in einer überfüllten S-Bahn Richtung München. Wie üblich waren nicht nur alle Sitzplätze besetzt, sondern auch die Stehbereiche und Gänge waren voll.
Unter Stress ist das bewusste Denken und Handeln oft ausgeschaltet!
Eine Jugendliche mit Rucksack, Kopfhörern und Cityroller versuchte sich schon weit vor der Haltestelle einen Weg zur Tür zu bahnen. Nur mit mäßigem Erfolg kam sie vorwärts. Einen Meter vor der Tür, die S-Bahn war noch in voller Fahrt, wurde sie sichtlich nervös und äußerte sich lautstark, sie müsse hier durch. Einige andere Mitfahrer, die vor ihr standen, versuchten sie zu besänftigen und entgegneten: „Wir müssen bei der nächsten Haltestelle auch aussteigen.“. Darauf schrie das junge Mädchen zurück: „Ich muss aber hier durch!“. „Jetzt warte doch einen Moment“, kam zurück. Das Mädchen geriet in Panik und schrie noch lauter: „Ich muss da vorne raus“ und deutete auf die übernächste Tür, „Sonst schaffe ich es nicht mehr!“ Die anderen Mitfahrer schüttelten nur den Kopf. Es war unmöglich, da durch zu kommen.
Nicht bewerten – sondern beobachten.
„Sonst schaffe ich es nicht mehr“ – was auch immer damit gemeint war, spiegelt die Angst des Mädchens. Ihre Wahrnehmung, vermutlich aus einer negativen Erfahrung heraus, verursachte die panische Reaktion.
Der Stress liegt bei dem Mädchen in dieser Situation auf der Angst vor den Konsequenzen. Da der Umgang mit diesem Stressor bei dem Mädchen im Ungleichgewicht ist, löst es eine heftige Reaktion hervor. Vermutlich wird sich das Mädchen in ähnlichen Lebenssituationen genauso verhalten.
Diese Blockade kann jedoch erfolgreich bearbeitet werden. Erst dann ist ein bewusstes Handeln möglich. Erst dann kann erkannt werden, dass es in dieser Situation, in dieser S-Bahn an jenem Tag kein Durchkommen gab. Dass es vielleicht trotzdem möglich ist „es zu schaffen“ und dass es kein Weltuntergang ist, „es mal nicht zu schaffen“. Auch aus dieser Erfahrung heraus kann man lernen. Aber nur, wenn das bewusste Denken nicht blockiert ist.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine aufmerksame und lehrreiche Zeit.
Ihre
Cornelia Gschrey